Dr. med. vet. Mirjam Kündig, Med. vet. Patrick Späni
 

Qualzuchten – Tiere leiden für ihr Aussehen

Kurznasige Hunderassen, zu denen unter anderem Mops, Boxer oder Pekinesen gehören, leiden wegen ihres Aussehens oft an diversen medizinischen Problemen.

Auf dem Programm der tierärztlichen Weiter­bildung in Bern stand dieses Jahr das Thema «Kurze Nase – lange Problemliste». Es ging dabei um das Leiden, die Probleme und die Erkran­kungen von Hunden, die aus Zucht­gründen einen breiten, kurzen Kopf und eine zu kurze Nase haben. Im medizinischen Begriff wird dieses Aus­sehen das Brachycephale Syndrom genannt. Zu diesen Hunderassen gehören unter anderem die Französischen und Englischen Bulldoggen, der Mops, Boxer, Cavalier King Charles Spaniel, Chihuahua und Pekinesen. Die gros sen Augen und die kurze Nase verleihen den Tieren ein kindliches Aussehen, was viele anspricht, aber zu medizinischen Problemen führt.

Atemnot

Eines der grossen Themen der kurz-nasigen Rassen ist die Atmung. Die engen Nasenlöcher, verengte Nasen­gänge und ein langes Gaumensegel verhindern, dass der Hund genügend Luft bekommt. Zudem ist die Luft­röhre oft instabil und kann dadurch kollabieren. Die Tiere leiden deswegen an Atemnot, insbesondere beim Rennen und wenn es wärmer wird. Im Sommer sind brachycephale Hunde zudem extrem hitzeempfindlich und können am Tag nicht spazieren gehen. Generell können Hunde nicht über die Haut schwitzen, sie regulieren ihre Temperatur durch Hecheln. Bei kurzköpfigen Tieren funktioniert der Temperaturausgleich aber nicht mehr. Sie überhitzen schnell und haben eine Unterversorgung mit Sauerstoff im Körper. Oft müssen diese Vierbeiner operiert werden, damit sie einiger-mas sen normal atmen können. Der weiche Gaumen wird dabei verkürzt und die Nasenöffnungen werden chi­rurgisch vergrössert.

Rückenprobleme

Aufgrund der kurzen Schädelbasis und der steilen Stellung des Hinterhaupt-beins kann es zu einer Abflussstörung der Gehirnflüssigkeit und dadurch zu Schmerzen kommen. Die Wirbelkörper in der Wirbelsäule sind zudem oft de­formiert und können das Rückenmark komprimieren. Die Hunde haben ein erhöhtes Risiko für einen Band-scheibenvorfall und können dadurch gelähmt werden.

Augenverletzungen

Durch die flachen Augenhöhlen sind die Augäpfel sehr exponiert und unge­schützt. Wird wild gespielt oder durch das Gras gerannt, entstehen häufig Hornhautverletzungen, da die Augen­lider das Auge nicht genügend schützen können. Zudem ist die nervliche Ver­sorgung der Hornhaut vermindert. Das Tier zeigt weniger Schmerzen bei Hornhautverletzungen, und der Hundehal­ter bemerkt dies erst, wenn die Horn­haut trüb wird und schon eine fortge­schrittene Verletzung vorhanden ist.

Weitere Probleme

Durch die Anstrengung beim Atmen entsteht ein Unterdruck, welcher die Speiseröhre erweitern kann und zu Re-flux und chronischen Entzündungen der Speiseröhre führt. Die Vierbeiner müssen oft erbrechen und leiden ver­mehrt an chronischen Darmentzün­dungen. Die starken Hautfalten im Gesicht und die engen Gehörkanäle führen zudem zu Haut- und Ohren­entzündungen. Obwohl Hundehalterinnen und -halter bestimmt nur das Beste für ihren Liebling möchten, ist zu wenig bekannt, welche Rassestandards bei unseren Tieren zu gesundheitlichen Problemen führen. Es können jedoch alle etwas bewirken, indem man Hunde aus Qualzuchten nicht mehr kauft und die Zuchtverbände dazu bringt, ihre Standards anzupassen. Denn dass wir Menschen Rassestandards definieren, welche nachweislich Tierleiden verur­sachen, macht keinen Sinn und sollte verboten werden.

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