Dr. med. vet. Mirjam Kündig, Med. vet. Patrick Späni
 

Antibiotika nur im Notfall

Wenn unsere Vierbeiner erkranken, werden zur Heilung oft Antibiotika verschrieben. Dabei gilt es allerdings massvoll vorzugehen: Denn jede Anwendung begünstigt die Entstehung von Resistenzen – sowohl beim Menschen wie auch beim Tier.

Stimmt es, dass Antibiotika-resistente Bakterien vom Tier auf den Menschen übertra­gen werden können?

Resistente Bakterien sind weltweit auf dem Vormarsch. Verant­wortlich dafür ist der übermässige Einsatz von Antibiotika. Eine Über­tragung sowohl von resistenten wie auch von nicht resistenten Bakterien vom Tier auf den Menschen und umgekehrt wurde in Studien bestätigt. Aus diesem Grund ist eine korrekte Anwendung von Antibiotika auch bei unseren Haustieren sehr wichtig.

Was bedeutet Antibiotikaresistenz?

Manche Bakterien können sich an die Wirkung von Antibiotika anpassen und dieser widerstehen. Dieses Phäno­men existiert schon seit Millionen von Jahren und ist ein natürlicher Prozess. Durch den zunehmenden Gebrauch der Antibiotika hat sich dieser Vorgang jedoch verstärkt. Jede Anwendung von Antibiotika begünstigt die Entste­hung von Resistenzen sowohl beim Menschen wie auch beim Tier.

Wie entstehen Resistenzen?

Bakterien vermehren sich mehrere Male pro Stunde und müssen dabei ihr Erbgut, die DNA, kopieren. Bei diesem Vorgang können Fehler, soge­nannte Mutationen, entstehen. Einige dieser Fehler können dazu führen, dass die Wirkung der Antibiotika verloren gehen. Es existieren mittler­weile krankmachende Bakterien, welche mehrere Arten von Resisten­zen entwickelt haben. Diese soge­nannten multiresistenten Keime können ungehemmt wachsen. Bei einigen dieser Bakterien wirkt kein einziges Antibiotikum mehr.

Wie können Antibiotika-resistente Bakterien übertragen werden?

Am häufigsten werden Bakterien über die Hände übertragen. Gesunde oder kranke Personen oder Tiere, welche die Bakterien auf sich haben, können bei Kontakt die Erreger weitergeben. Auch kontaminierte Oberflächen können ein Übertragungsweg sein. Da Bakterien und Medikamente über den Kot ausgeschieden werden, finden sich zudem in Gewässer und im Grundwasser Antibiotika-resistente Bakterien. Rohfleisch, Milchprodukte, Eier, Fisch und Meeresfrüchte sowie Gemüse und Obst können ebenfalls mit resistenten Keimen befallen sein.

Wie lässt sich am besten vorbeugen?

Antibiotika als lebensrettende Medi­kamente sollen weiterhin eingesetzt werden dürfen. Ein sorgfältiger Ein­satz ist sehr wichtig: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Der Bundesrat hat 2015 eine nationale Strategie gegen Antibiotikaresistenzen verab­schiedet. Ziel ist es, die Wirksamkeit der Antibiotika für die Gesundheit der Menschen und Tiere zu erhalten. Sowohl Ärzte wie auch Tierärztinnen tragen die Verantwortung für einen korrekten Einsatz der Medikamente. Aber auch die Patientinnen und die Tierhalter tragen dazu bei, Antibiotika korrekt nach Anweisung anzuwenden. Oft ist bei Haustieren die Verabrei­chung von Tabletten schwierig oder die Vierbeiner bekommen während der Antibiotikabehandlung Verdau­ungsbeschwerden. Man ist deshalb schnell dazu verleitet, die nötige Therapie früher zu beenden oder die Dosierung zu reduzieren, vor allem wenn das Tier nach einigen Tagen der Behandlung schon wieder gesund scheint. Trotzdem ist es wichtig, die Behandlung bis zum Schluss durchzu­ziehen. Auch eine vermehrte Diagnos­tik trägt dazu bei, den Antibiotikaein-satz zu reduzieren. Oft sind Bakterien aber gar nicht die Ursache einer Ent­zündung, und damit ist auch der Einsatz von Antibiotika nicht nötig.

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